Schützen wir unsere Mitochondrien und Telomere, bleiben wir länger gesund

Dr. med. Andreas Bernhardt

Was Mitochondrien und Telomere mit Gesundheit und langem Leben zu tun haben – darauf gibt es Antworten. Hier eine Aufklärung über völlig neue Wege in der Medizin.

Mitochondrienmedizin

Die Mitochondrienmedizin befasst sich mit der Erforschung und Behandlung von Erkrankungen und Störungen, die mit den Mitochondrien, den Zellkraftwerken, in Verbindung stehen. Sie untersucht die Rolle der Mitochondrien bei der Energieproduktion, dem Zellstoffwechsel und der Zellalterung. Krankheiten wie mitochondriale Erkrankungen, neurodegenerative Erkrankungen, Erschöpfungssyndrome, Burn Out und altersbedingte Beschwerden können wir damit künftig besser verstehen und behandeln.

Um zu überleben, braucht der menschliche Körper Energie. Diese wird aus der Nahrung gewonnen und gelangt dann über das Blut in die Zellen. Um dort genutzt oder gespeichert werden zu können, muss sie jedoch erst „verbrannt“ werden – ähnlich wie Benzin in einem Motor. Dies ist Aufgabe der Mitochondrien, die deshalb auch als Kraftwerke des Körpers bezeichnet werden.

Aufbau der Mitochondrien

Mitochondrien

Ein Mitochondrium ist in der Regel bohnenförmig und besteht aus einer äußeren Membran – der Schale – und einer inneren Membran, die gefaltet ist. Zwischen den Falten befindet sich die flüssige Mitochondrienmatrix. Darin enthaltene Proteinkomplexe sind für die eigentliche Energieproduktion verantwortlich. Außerdem sitzt dort ein eigenes Genom, das Mitochondriengenom, das in etwa ein Prozent der menschlichen Erbinformation ausmacht. Defekte Mitochondrien können etwa 50 verschiedene Krankheiten hervorrufen. Sie kommen in allen Zellen, außer in den roten Blutkörperchen, vor. Eine Zelle kann bis zu knapp 2.000 Mitochondrien beinhalten.

Was machen die Mitochondrien?

  • Erzeugung von Adenosintriphosphat (ATP), dem Hauptenergieträger in Zellen.
  • Die Produktion von ATP verläuft zum größten Teil über die Zellatmung. Durch diese wird Energie aus der Nahrung für den Körper nutzbar gemacht.
  • ATP versorgt den gesamten Körper mit Energie. Je nachdem, wie sehr man sich zum Beispiel körperlich oder mental anstrengt, wird auch mehr oder weniger ATP gebraucht.
  • Nerven- und Muskelzellen benötigen besonders viel ATP.
  • Dienen als Calciumspeicher. Calcium wird zum Beispiel benötigt, um die Zellfunktion an sich aufrecht zu erhalten. Wird im restlichen Körper Calcium benötigt, geben die Mitochondrien etwas davon frei.
  • Auch am Zelltod beteiligt

Was sind mitochondriale Erkrankungen?

Mitochondriale Erkrankungen sind eine Gruppe von genetischen Störungen, die durch Fehlfunktionen der Mitochondrien verursacht werden. Die Fehlfunktionen können aber auch durch eine ganze Reihe von externen (Stress, Strahlungen, Xerohormone oder Giftstoffe) und körper-internen Interaktionen (epigenetisches Rauschen, Erschöpfungsreaktionen, Überschuss an Freien Radikalen etc.) ausgelöst werden.

Sie können eine Vielzahl von Symptomen und Erkrankungen verursachen, da fast alle Zellen des Körpers Mitochondrien enthalten.

Welche Medikamente schädigen die Mitochondrien?

Antibiotika, Magensäureblocker, Metformin bei Diabetes, Statine als Cholesterinsenker und Blutdruckmittel können erheblichen Schaden anrichten, aber auch Kontrazeptiva wie die Pille und viele andere mehr. Die Mitochondrien werden durch deren Einflüsse geschädigt und müssen ständig vermehrt regeneriert werden.

Was macht Mitochondrien funktionsunfähig?

Chronischer Stress jedweder Art, Belastungen mit Toxinen und Umweltgiften wie Schwermetalle, Pestizide, Insektizide und andere Chemikalien, Mangel- und Fehlernährung, Nikotin, Alkohol, Drogen, Medikamente, Konservierungsstoffe und z.B. chronische Entzündungen.

Wie kann man die Mitochondrien schützen?

  • Ausgewogene Ernährung mit ausreichend Antioxidantien, Omega 3 und 6 Fettsäuren und Vitaminen. Schlüsselstoffe sind u.a. Kupfer, Zink, Selen und die Vitamine A, C und E.
  • Sport und Bewegung können ihre Funktion verbessern und die Bildung neuer Mitochondrien fördern.
  • Stressreduktion und Entspannungstechniken wie Spaziergänge, Jogging im Wald und/oder Meditation/Yoga mit Atemübungen
  • Nahrungsergänzungsmittel (Nutrazeutika): Resveratrol, NMN, Coenzym Q10, L-Carnitin und Alpha Liponsäure

Telomerenmedizin

Die Telomerenmedizin befasst sich mit der Erforschung und dem Verständnis von Telomeren, den wiederholenden DNA-Sequenzen an den Enden der Chromosomen. Sie spielen eine wichtige Rolle beim Zellzyklus und der Zellalterung – und damit auch bei der Alterung des Menschen.

Während der Zellteilung sind die Chromosomen, also unser Erbgut, durch die Telomere geschützt, die wie Schutzkappen fungieren. Durch jede Zellteilung verkürzen sich diese Enden. Kürzere Telomere werden mit einer Reihe von negativen gesundheitlichen Auswirkungen in Verbindung gebracht. In den weißen Blutkörperchen kann im Labor ihre Länge gemessen werden. Schützt man die Telomere, so kann man die Lebenszeit von Zellen verlängern. Das ist mittlerweile wissenschaftlicher Konsens.

Telomerenmedizin

Lassen sich die Telomere wieder verlängern?

Wissenschaftler:innen haben nun ein Enzym – Telomerase – gefunden, das die Telomere von Zellen künstlich verlängert. Mit dieser Erkenntnis sollen irgendwann einmal Alterskrankheiten, die mit kurzen Telomeren in Verbindung stehen, beseitigt werden können; dazu gehören etwa Diabetes oder Herzkrankheiten ebenso wie Krebs oder eventuell sogar das Alter selbst.

Therapiehinweise zur Verlängerung der Telomere umfassen eine gesunde Ernährung, regelmäßige körperliche Aktivität, gutes Stressmanagement und ausreichend Schlaf. Darüber hinaus können bestimmte Nahrungsergänzungsmittel und Medikamente zur Unterstützung der Telomerlängen verwendet werden.

Vielversprechende Nahrungsergänzungsmittel sind:

  • Omega-3-Fettsäuren mit ihren entzündungshemmenden Eigenschaften
  • Vitamin D für eine gesunde Zellalterung
  • Antioxidantien wie die Vitamine C und E sowie Coenzym Q10
  • Resveratrol für eine bessere Zellgesundheit
  • NAD+ (Nicotinamidadenindinukleotid) ist ein Coenzym und spielt eine wichtige Rolle bei der Umwandlung von Nahrung in Energie. Wichtig auch für die DNA-Reparatur
  • NMN (Nicotinamidmononukleotid) wird im Körper in das Molekül NAD+ umgewandelt und ist Treibstoff für die Mitochondrien
  • NAM (Nicotinamid) wird ebenso in NAD+ umgewandelt – wird auch als Vitamin B oder Niacinamid bezeichnet
  • NAD+

Wichtig zu betonen ist, dass weltweit weitere klinische Studien erforderlich sind, um die Wirksamkeit dieser Nahrungsergänzungsmittel bei der Verlängerung der Telomere zu bestätigen. Es wird erwartet, dass Fortschritte im Bereich der Telomerenmedizin neue Therapien und Präventionsstrategien für altersbedingte Erkrankungen hervorbringen werden. Zudem ist wichtig, beide Aspekte der Zellgesundheit – sowohl die Mitochondrien- als auch die Telomerenmedizin – zu berücksichtigen, um das Wohlbefinden und die Langlebigkeit zu fördern.

Der Einfluss von bioidentischen Hormonen auf Mitochondrien und Telomere

Mit zunehmendem Lebensalter und besonders mit dem beginnenden Klimakterium (beim Mann: Andropause) können hormonelle Veränderungen Auswirkungen auf die Mitochondrien und die Länge der Telomere haben. Es gibt in der Altersforschung sehr deutliche Hinweise darauf, dass die Bioidentische Hormontherapie (BHT) dazu beitragen kann, die negativen Auswirkungen des Alterns auf die Mitochondrien und Telomere zu mildern. Die BHT zielt darauf ab, Hormone zu ersetzen, die im Körper mit zunehmendem Alter abnehmen und so das hormonelle Gleichgewicht wiederherzustellen. Dies kann sich positiv auf die Zellfunktion und den Alterungsprozess auswirken.

Wichtig: Suchen Sie Unterstützung bei spezialisierten Mediziner: innen, wenn Sie neue Maßnahmen – von der Mitochondrien- und Telomerenmedizin bis hin zur BHT – setzen wollen. Sie können beraten sowie helfen, individuelle Risiken und den Nutzen abzuwägen!

Mit dem Lifestyle lässt sich vieles steuern

Der Mensch kann in jedem Alter damit beginnen, positive Veränderungen vorzunehmen, um seine Gesundheit zu verbessern. Studien zeigen, dass ein gesunder Lebensstil das Leben um mehrere Jahre verlängern kann, jedoch hängt dies von verschiedenen Faktoren wie Genetik, Umwelt und individuellem Lebensstil ab. Es ist nie zu spät, um mit einem gesunden Lebensstil zu starten und damit positive Auswirkungen auf die Lebenserwartung zu erzielen.

Literaturtipps zur Mitochondrien- und Telomerenmedizin

„Mitochondrien: Krankheiten, Diagnostik und Therapie“ von Annette Schürmann und Jörg Heeren

„Telomere: Schutzkappen der Chromosomen“ von Elizabeth Blackburn und Elissa Epel

„Mitochondrien: Die Energiezentralen der Zellen“ von Alberts, Bruce und Johnson, Alexander

„Telomere und Telomerase: Das Geheimnis der Zellalterung“ von Elizabeth Blackburn und Elissa Epel

Aus der englischsprachigen Literatur:

„The Telomere Effect“ von Elizabeth Blackburn und Elissa Epel

„The Mitochondrial Free Radical Theory of Aging“ von Denham Harman

Zur Person: Dr. Andreas Bernhardt ist Facharzt für Allgemeine Innere Medizin, Mitglied in der Schweizer Anti Aging Fachgesellschaft SSAAPM und hat eine internationale Universitätsausbildung in Anti Aging und Hormonen sowie Präventivmedizin. Sein Spezialgebiet ist die bioidentische Hormontherapie im Rahmen seines Longevity Konzepts. In diesem Kontext ist er auch Experte für die deutschsprachige Internetplattform wechselweise.net, welche sich im Raum D/A/CH für Aufklärung zu den Themen der Wechseljahre einsetzt.