LONGEVITY am Buch von Prof. David Sinclair erklärt
(mit Ratschlägen des Autors zu einer lebensverlängernden Lebensweise)
Der australische Biologe David Sinclair (*1969) ist Professor an der Harvard Medical School in Boston und Direktor des Fachbereich zur Erforschung der biologischen Mechanismen des Alterns.
Nach Einschätzung der New York Times zählt Sinclair zu den weltweit 100 einflussreichsten Personen.
In seinem 2019 erschienenen Buch Das Endes des Alterns (englische Originalausgabe: Lifespan ) gibt Sinclair einen Überblick über spannende alte und neue Entwicklungen auf dem Gebiet der Altersforschung.
Seine provokante These lautet: Altern ist kein unvermeidliches Schicksal, sondern eine Krankheit, die schon heute therapiert und in Zukunft möglicherweise gänzlich vermieden werden kann.
Longevity in Kurzfassung
Die Lebenserwartung von Homo sapiens war noch nie so hoch wie heute. Wir leben zwar immer länger, aber nicht besser. Im Gegenteil: In der letzten Dekade des Lebens leiden viele von uns mehr denn je an altersbedingten Krankheiten.
Sinclair betont, dass das Ziel der Altersforschung natürlich nicht darin besteht, uns am Ende unseres Lebens noch länger leiden zu lassen. Im Gegenteil: Wir sollen länger leben und dabei möglichst lange gesund und munter sein.
Sinclair ist davon überzeugt, dass das schon heute möglich ist. Zwar fehlt es an vielen Stellen noch an belastbaren wissenschaftlichen Beweisen, aber vielversprechende Einzelfallberichte gibt es bereits.
Die Informationstheorie des Alterns – Warum altern wir?
Es gibt Naturgesetze wie die Erhaltungssätze der Physik: Energie-, Impuls-, Drehimpulserhaltungssatz usw.; in der Mechanik gilt das Newton'sche Kraftgesetz: Kraft = Masse mal Beschleunigung, und das Gravitationsgesetz, aus dem die Gesetze des Falls und die Kepler'schen Gesetze der Planetenbewegung folgen. Es gibt aber kein physikalisches, chemisches oder biologisches Gesetz, das vorschreibt, dass Organismen altern müssen. Tatsächlich gibt es einige Lebewesen, die dem Altern offenbar widerstehen können. Ein besonders altes noch lebendes Exemplar des Grönlandhais bringt es auf ein Alter von fast 400 Jahren (Quelle: Science). Pflanzen können sogar noch sehr viel älter (nämlich Tausende von Jahren) werden.
Sinclair postuliert nun, dass alle höheren Lebewesen (Pflanzen und Tiere) altern, weil diese von einem gemeinsamen Vorfahren namens M. superstes oder "großer Überleber" (Microvoluta superstes ist eine kleine Meeresschnecke) abstammen, der vor vielen Millionen Jahren einen Überlebensmechanismus erfunden hat, der zugleich auch für das Altern verantwortlich ist. Dieser Überlebensmechanismus, der sich im Laufe der Jahrmillionen stetig weiterentwickelt hat, ist nicht ein Grund, warum wir altern, sondern der Grund - der einzige Grund!
Wie funktioniert dieser Überlebensmechanismus? Aus verschiedenen Gründen (Kopierfehler, externe Einflüsse) kommt es in allen lebenden Zellen immer wieder zu Brüchen der DNA-Doppelhelix. Etwas vereinfacht gesprochen sorgt der Überlebensmechanismus dafür, dass sich die Zelle im Falle eines DNA-Schadens zu einhundert Prozent auf die Reparaturarbeiten konzentrieren. Mit anderen Worten: Unsere Zellen investieren die ihnen zur Verfügung stehenden Ressourcen (Material und Energie) entweder in die Langlebigkeit (Reparatur von Schäden) oder in Wachstum und Fortpflanzung, aber nicht in beides gleichzeitig!
Und was hat das mit dem Altern zu tun? Etwas vereinfacht gesprochen sind zwei grundverschiedene Arten von Information in unseren Zellen gespeichert: digitale Information und analoge Information. Die digitale Information entspricht der Abfolge von Basenpaaren unserer DNA – dem DNA-Code. Alle unsere Zellen haben den gleichen DNA-Code.
Wenn der DNA-Code in allen Zellen identisch ist, wie kann es dann sein, dass es verschiedene Typen von Zellen gibt, die anders aussehen und sich grundlegend anders verhalten? Zum Beispiel gibt es gewaltige Unterschiede zwischen Leberzellen und Nervenzellen oder zwischen Hautzellen und Muskelzellen. Den Unterschied macht die analoge Information, die zusätzlich zur digitalen Information existiert: das sogenannte Epigenom.
Was ist aber das Epigenom?
Bestimmte Abschnitte der DNA (sogenannte Gene) können entweder ein- oder ausgeschaltet sein. Leberzellen verhalten sich deswegen anders als Nervenzellen, weil jeweils andere Gene ein- bzw. ausgeschaltet sind. Im menschlichen Körper gibt es übrigens mehr als 200 verschiedene Zelltypen.
Etwas vereinfacht gesprochen werden Gene ausgeschaltet, indem sie blockiert werden.
Jetzt kommt der springende Punkt: Das Protein, das die Gene ausschaltet, indem es sie blockiert, ist das gleiche Protein, das auch dafür zuständig ist, die Schäden an der DNA zu reparieren.
Je mehr DNA-Brüche es gibt, umso öfter werden daher die Gene, die eigentlich ausgeschaltet sein sollten, vorübergehend eingeschaltet. Dadurch verliert die entsprechende Zelle ihre Differenzierung, das heißt, sie vergisst was für eine Art von Zelle sie sind. Genau das, so Sinclair, ist Altern.
Die Proteine bzw. Enzyme, die die Gene blockieren, heißen Sirtuine. Wir würden möglicherweise gar nicht oder zumindest sehr viel langsamer altern, wenn unsere Sirtuine nicht zwei Jobs gleichzeitig zu erledigen hätten. Und wenn wir die Zellen dazu bringen könnten, mehr Sirtuine zu produzieren, könnten wir das Altern möglicherweise verlangsamen. Den gleichen Effekt könnten wir erzielen, wenn wir die vorhandenen Sirtuine dazu bringen könnten, schneller zu arbeiten.
Tatsächlich scheint sich das Altern von Lebewesen mit der Zeit sogar zu beschleunigen, was Sinclair damit erklärt, dass den Sirtuinen mit zunehmendem Alter immer mehr der Treibstoff ausgeht. Der Treibstoff der Sirtuine heißt Nicotinamid-Adenin-Dinucleotid (NAD). Wenn wir den NAD- Spiegel in unseren Zellen anheben könnten, würden unsere Sirtuine zuverlässiger arbeiten und wir würden langsamer altern.
Wie NAD-Verstärker das Altern verlangsamen können
Schon vor der Entdeckung der Sirtuine hatten Altersforscher in Tierversuchen herausgefunden, dass das Altern durch bestimmte Reize verlangsamt werden kann. Mit einiger Wahrscheinlichkeit wirken die folgenden Maßnahmen auch bei uns Menschen:
- Bestimmte Formen der körperlichen Bewegung
- Einschränkung der Kalorienzufuhr (Kalorienrestriktion) und vorübergehendes Fasten (Intervallfasten)
- Proteinarme Ernährung
- Hitze und/oder Kälte
Sport zu treiben, zu hungern oder zu frieren ist leider anstrengend und/oder unangenehm. Ein Glück, dass Sinclair und andere Wissenschaftler Hinweise gefunden haben, dass das Altern möglicherweise mit sehr viel weniger Aufwand verlangsamt werden kann: Bestimmte Substanzen könnten die Effizienz der Sirtuine verbessern, indem sie den NAD-Spiegel in den Zellen anheben. Eine solche Substanz ist Nicotinamid Mononucleotid (NMN). Nachdem man alten Labormäusen NMN gefüttert hatte, wurden diese nicht nur messbar lebhafter, sondern sie lebten auch länger.
Ein weiterer heißer Kandidat ist das (verschreibungspflichtige) Diabetesmedikament Metformin. Metformin scheint gleich mehrere Abwehrmechanismen gegen das Altern zu aktivieren, darunter auch das Sirtuin SIR1. Studien fanden, dass Diabetespatienten, die mit Metformin behandelt wurden, signifikant seltener an einer ganzen Reihe von Krankheiten erkrankten, darunter auch bestimmte Arten von Krebs. Die Lebensdauer von Mäusen, die Metformin verabreicht bekamen, verlängerte sich um immerhin sechs Prozent. Aktuell läuft die sogenannte TAME- Studie, deren Ziel es ist, herauszufinden, ob mit Metformin bei älteren Menschen, die nicht an Diabetes erkrankt sind, ein messbarer Nutzen erzielt werden kann.
Auch der in Rotwein vorkommende Stoff Resveratrol lässt Sirtuine offenbar deutlich schneller arbeiten. Mit Resveratrol konnte die Lebenszeit von Hefe verlängert werden. Aus der Tatsache, dass Resveratrol aber keinen (zusätzlichen) Einfluss die Lebensdauer von Hefe hatte, wenn deren Kalorienzufuhr eingeschränkt war, schloss man, dass Resveratrol und Kalorienrestriktion den gleichen Reaktionsweg aktivieren. In Tierversuchen ließ Resveratrol Mäuse um 20 Prozent länger leben und bot ihnen Schutz vor einer ganzen Liste von Krankheiten.
Solange die placebokontrollierten Doppelblindstudien an Menschen nicht abgeschlossen sind, wäre es unseriös, zu behaupten, dass NMN, Metformin und Resveratrol das Leben von Menschen verlängern.
Praktische Ratschläge des Autors
Wenn man der Idee der Longevity folgt, dann sollte man meines Erachtens folgendes Konzept in sein Leben integrieren:
- Tägliche Einnahme von NMN, Substitution der wichtigsten Antioxidantien, Mineralien, Spurenelemente und Vitamine (u.a. Vitamin D mit Vitamin K 2 )
- Substitution von bioidentischen Hormonen nach Labor
- Intervallfasten nach der Methode 16:8 einhalten
- Keto-orientierte mediterrane Ernährung mit viel Gemüse, Obst, Nüssen und nur einigen tierischen Proteinen zu sich nehmen (siehe eigener Aufsatz dazu)
- Schlafen in kühler Umgebung
- Viel gehen, Treppe statt Aufzug nehmen, Sport treiben (Kraftsport und Joggen abwechselnd mind. 3x pro Woche), tgl. Yoga mit Atemübungen praktizieren, so oft wie möglich in die Sauna gehen mit Anwendung eines anschließenden Kältebades oder einen Kneipp'schen Rundgang nutzen
- Regelmässige Meeresaufenthalte und/oder Thalassotherapie machen
- Regelmäßige Blutuntersuchungen machen (mehr Informationen dazu beim Autor)
- Vermeidung von
- Rauchen
- Zucker, Brot, Nudeln und anderen Kohlehydraten
- Fleisch
- Fertiggerichte aus der Mikrowelle (wegen der Strahlen)
- UV-Strahlung, Röntgenstrahlung und CT-Aufnahmen (dito)
Zur Person: Dr. Bernhardt ist Facharzt für Allgemeine Innere Medizin, Mitglied in der Schweizer Anti Aging Fachgesellschaft SSAAPM und hat eine internationale Universitätsausbildung in Anti Aging und Hormonen sowie Präventivmedizin. Sein Spezialgebiet ist die bioidentische Hormontherapie im Rahmen seines Longevity Konzepts. In diesem Kontext ist er auch Experte für die deutschsprachige Internetplattform wechselweise.net, welche sich im Raum D/A/CH für Aufklärung zu den Themen der Wechseljahre einsetzt.