Advanced Glycation Endproducts (AGEs) – Molekulare Brandbeschleuniger des Alterungsprozesses


Dr. Bernhardt Spezialist für Better Aging, Endokrinologie und Longevity Mitglied der Schweizer Anti-Aging-Fachgesellschaft SSAAPM

Einleitung

Advanced Glycation Endproducts (AGEs) sind stabile Verbindungen, die im menschlichen Organismus durch eine nicht-enzymatische Reaktion zwischen freien Zuckerresten und Proteinen, Lipiden oder Nukleinsäuren entstehen. Dieser Prozess, auch Maillard-Reaktion genannt, gilt als einer der zentralen biochemischen Mechanismen des alternsassoziierten Zellschadens. AGEs werden zunehmend als Mitverursacher zahlreicher chronisch- degenerativer Erkrankungen erkannt, darunter Arteriosklerose, Diabetes-Komplikationen, neurodegenerative Erkrankungen sowie renale und okuläre Pathologien.

Pathophysiologische Relevanz

AGEs verändern die Struktur und Funktion zellulärer Proteine irreversibel. In kollagenhaltigen Geweben wie Haut und Gefäßen führen sie zu Quervernetzungen, die die Elastizität und Funktionalität beeinträchtigen. Ein zusätzlicher pathogener Mechanismus ist die Aktivierung des sogenannten RAGE-Rezeptors (Receptor for Advanced Glycation Endproducts), der insbesondere auf Immunzellen exprimiert wird. Die Interaktion mit AGEs triggert entzündliche Signalwege (NF-κB), was zu einem Zustand chronischer niedriggradiger Entzündung („inflammaging“) beiträgt – einem anerkannten Kennzeichen des biologischen Alterns.

Hinweis: Neue Studien deuten darauf hin, dass AGEs auch die Integrität der Blut-Hirn- Schranke kompromittieren und die Aggregation pathologischer Tau-Proteine bei Alzheimer fördern können (Zhao et al., 2024).

Exogene und endogene Quellen

AGEs entstehen sowohl im Körperinneren (endogen) als auch über externe Zufuhrquellen (exogen):

  • Endogen: Verstärkte AGE-Bildung wird bei Diabetes mellitus, Hyperglykämie, oxidativem Stress sowie mitochondrialer Dysfunktion beobachtet.
  • Exogen: Nahrungsmittel, die unter hohen Temperaturen trocken gegart wurden (z. B. Grillen, Braten, Rösten), weisen hohe AGE-Konzentrationen auf. Besonders kritisch sind industriell verarbeitete Produkte wie Fertiggerichte, Backwaren oder stark erhitzte Fleischwaren.

Eine typische Portion gebratener Speck enthält ein Vielfaches an AGEs im Vergleich zu einem gedämpften pflanzlichen Gericht (Uribarri et al., 2023).

Präventive und therapeutische Maßnahmen

1. Ernährungliche Interventionen

  • Bevorzugung wasserbasierter Garmethoden (Dämpfen, Kochen)
  • Reduktion AGE-reicher tierischer Fette
  • Integration antioxidantienreicher Lebensmittel wie Beeren, grüner Tee und Kurkuma, deren protektive Wirkung auf Zellstrukturen und Entzündungsprozesse bereits in früheren Fachbeiträgen des Autors diskutiert wurde¹²³.

2. Metabolische Kontrolle

  • Stabile Blutzuckerspiegel durch glykämisch optimierte Ernährung, Intervallfasten und körperliche Aktivität
  • Präventive Maßnahmen gegen postprandiale Glukose-Spitzen, etwa durch den Einsatz von Apfelessig oder proteinreichen Vorspeisen

3. Supplementierung und pharmakologische Ansätze

  • Benfotiamin (Vitamin-B1-Derivat): Reduktion glykativer Zwischenprodukte
  • Pyridoxamin (Vitamin B6-Form): Inhibierung reaktiver Carbonylverbindungen
  • Experimentelle AGE-Cleaver wie ALT-711 (Alagebrium): vielversprechend in präklinischen Studien zur Reduktion vaskulärer Steifigkeit, jedoch noch nicht klinisch etabliert (Vlassara & Uribarri, 2023)

Fazit

AGEs stellen einen molekularen Risikofaktor dar, der weit über den glykämischen Kontext hinausreicht. Die Reduktion ihrer Bildung und Akkumulation sollte integraler Bestandteil jeder evidenzbasierten Longevity-Strategie sein. Ein AGE-bewusster Lebensstil, der sowohl Ernährung als auch Stoffwechseloptimierung umfasst, bietet ein wissenschaftlich fundiertes Instrumentarium zur Verlangsamung zellulärer Alterungsprozesse.

Literatur

  • Zhao, Y. et al. (2024). AGEs and BBB integrity in Alzheimer’s disease. Frontiers in Aging Neuroscience, 16, 135.
  • Uribarri, J. et al. (2023). Dietary AGEs and chronic disease. The Journal of Clinical Nutrition, 112(7), 1205–1213.
  • Vlassara, H. & Uribarri, J. (2023). Advanced glycation in aging and disease: Mechanisms and therapeutic opportunities. Aging Research Reviews, 90, 101899.
  • Bernhardt, B. (2024). Kurkuma – das gelbe Gold der Zellgesundheit. wechselweise.net
  • Bernhardt, B. (2023). Beerenstark: Polyphenole als natürliche Radikalfänger. wechselweise.net
  • Bernhardt, B. (2023). Grüner Tee – mehr als nur ein Getränk. wechselweise.net

Zur Person: Dr. Bernhardt ist Facharzt für Allgemeine Innere Medizin, Mitglied der Schweizer Anti-Aging-Fachgesellschaft SSAAPM und hat eine internationale Universitätsausbildung in Anti-Aging, Endokrinologie und Präventivmedizin. Sein Spezialgebiet ist die bioidentische Hormontherapie im Rahmen seines Longevity-Konzepts. In diesem Kontext ist er auch Experte für die deutschsprachige Internetplattformwechselweise.net, welche sich im Raum D/A/CH für Aufklärung zu den Themen der Wechseljahre einsetzt.